Ein Impuls von Pastoralreferent Richard Schu-Schätter zum Marienmonat Mai.
Im Marienmonat Mai blüht das Leben. Vielerortens gehören Maiandachten und Rosenkranzgebete zum kirchlichen Leben. Nicht mehr so stark wie vor einigen Jahrzehnten, aber es gibt sie noch. Normalerweise – aber was ist schon normal im Jahr 2020.
Zugegeben, meine ganz persönliche Sicht auf die Gottesmutter Maria ist ambivalent; und das liegt nicht an dem, was ich in der Bibel über Maria lesen kann, sondern eher daran, wie oft und wie deformierend Maria für bestimmte gesellschaftliche Vorstellungen verzweckt wurde.
Noch heute findet sich diese Antwort Mariens auf die Botschaft Gottes, die ihr durch Gabriel überbracht wurde, oftmals dann in kirchlichen Texten, wenn es darum geht, das über Jahrhunderte vorherrschende Bild vom zu- und miteinander der Geschlechter zu Ungunsten der Frauen zu zementieren. Maria wird hier vorgestellt, als das Urbild der gehorsamen Frau. Mich erstaunt es immer wieder wie leichtfertig dieses Ja-Sagen zum Plan Gottes zurecht gebogen wird, um von heutigen Frauen ein unkritisches Einverstanden sein mit dem Platz, den man ihnen in Kirche und Gesellschaft zuweisen möchte, einzufordern. Ich empfinde es als äußerst unredlich den Frauen der Aktion Maria 2.0 vorzuwerfen Maria zu instrumentalisieren und blind dafür zu sein, wie Maria zu aller Zeit für die Durchsetzung von gesellschaftlichen Rollenerwartungen instrumentalisiert worden ist.
Dabei ist das Ja Mariens in ihrer Zeit alles andere als ein sich fügen in ihre geselllschaftliche Rolle. Mit dem Ja zum Plan Gottes, verlässt sie die den gesellschaftlichen Konsens, was eine unverheiratete, schwangere Frau zu tun hat. Und vielleicht hätte ja Maria Menschen, die ihr was anderes hätten raten oder vorschreiben wollen ähnlich wie Petrus geantwortet:
Für mich ganz persönlich hilfreich war eine Vorlesung zur „Mariologie“, die ich in Freiburg während des Studiums besuchen durfte. Ein ganzes Semester haben wir den biblischen Aussagen und den liturgischen und volksfrommen Traditionen gewidmet. Die Vorlesung war zur großen Überraschung des Professors extrem gut besucht. Vor allem, weil es so viele Studierende gab, die mit der „Wunderschön prächtigen, liebreichen und schweigend gehorsamen Gottesgebärerin“ wie sie sich als sterotyp über die Jahrhunderte entwickelt hatte fremdelten und dankbar waren einmal genau hinzuschauen, was es hinter der Marienfrömmigkeit an theologischer Wahrheit zu entdecken gibt.
Und nach all den Jahren, begleitet mich auch heute noch ein zentraler Satz der Vorlesuung: „Maria ist ein Vorbild – ein Archetyp – für den gläubigen Menschen schlechthin (also nicht nur für Frauen, sondern auch für uns Männer) – Alle dogmatische Aussagen über Maria sind Aussagen über den Menschen schlechthin.“
Es lohnt sich das durch zu buchstabieren auch mit Blick auf Jungfäulichkeit, Unbeflektheit und Himmelfahrt.
Die Bilder der liebenden Mutter, und auch der schmerzhaften Mutter, die sich so sehr die Volksfrömmigkeit der letzetn Jahrhunderte eingeschrieben haben sie sind genau deshalb so mächtig geworden, weil diese Bilder bei den Erfahrungen der Menschen angeknüpft haben. Die Mutter, die ihr Neugeborenes im Arm wiegt, die Mutter, die sich sorgt und am Ende doch ihr totes Kind hält, … Als Vater im Jahr 2020 kann ich mich sehr in diesem Mensch maria wiederfinden. Glaube ist eben kein unkritisches Ja udn Amen sagen, sondern ein daran festhalten, dass die Liebe stärker als alle Sorge und alles Leid und alle Ungerechtigkeit ist.
Die ganze Sprengkraft des Glaubens Mariens kommt sicher im Magnificat zum Ausdruck. Gottes Plan ist eben nicht die Aufrechterhaltung aller Ordnung, sondern das durchbrechen von Macht und Not und Gewalt, damit das Leben blühen kann.
So kann ich auch in diesem Mai, indem auch jenseits der Einschränkungen und Sorgen der Corona-Pandemie es viel Not und Elend gibt von herzen rufen: Oh Maria hilf!
- Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
- Oh Maria hilf, dass ich auch in dieser Zeit jubeln kann.
- Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
- Oh Maria hilf, mich nicht selbst größer zu machen, als ich bin.
- Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig.
- Oh Maria hilf, dass ich dankbar werde, für das Gute, das Gott mir schenkt.
- Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
- Oh Maria hilf, zu erkennen, dass Gott auch in dieser Zeit sein Erbarmen schenkt.
- Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;
- Oh Maria hilf, mich nicht auf menschliche Macht zu verlassen.
- Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
- Oh Maria hilf, dass ich mich immer auf die Seite der Ohnmächtigen und Rechtlosen stelle.
- Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
- Oh Maria hilf, dass ich mich nicht selbst bereichere und für Gerechtigkeit eintrete.
- Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
- Oh Maria hilf, dass auch ich deiner Verheißung traue.