Ein Zwischenruf von Pastor Thomas Schulz
Manchmal wählen wir Worte mit Bedacht, wie die Bundeskanzlerin bei ihrer Rede an die Nation, doch manchmal verbreiten wir auch Worte weiter, die näher betrachtet irreführend sind.
„Vermeiden sie soziale Kontakte!“ ist in diesen Tagen ein immer wieder gehörter Apell. Doch gerade in Krisen-Zeiten, in denen sich Angst und Unsicherheit ausbreiten, ist es wichtig, soziale Kontakte zu pflegen.
Wie viele Menschen leben allein und ziehen sich vielleicht jetzt noch mehr zurück? Was ist mit den vielen älteren Menschen, die in diesen Tagen keinen Besuch mehr bekommen von Enkeln oder anderen Menschen, die sonst ihren Alltag aufhellten? Gerade wenn sie jetzt stattdessen mehr Zeit vor dem Fernseher verbringen und dabei täglich neue erschreckende Nachrichten hören, brauchen sie soziale Kontakte, um darüber zu reden, sonst folgt der Corona-Welle noch eine Welle mit Depressionen, Angst-Störungen und anderen psychischen Erkrankungen.
Ich möchte Sie dazu aufrufen, gerade in diesen Tagen Kontakte zu pflegen. Nutzen Sie die sozialen Medien, die ja nicht zufällig so heißen, um soziale Kontakte aufrecht zu erhalten oder sogar neu zu knüpfen und zu intensivieren. Und fangen Sie ihre Nachricht nicht mit den Worten an „Ich hoffe es geht Dir gut!“ sondern mit der Frage: „Wie geht es Dir“? Ich habe den Eindruck, dass ich diese Frage in letzter Zeit weniger oft höre. Greifen Sie ruhig mal öfter zum Telefon und rufen jemanden an, mit dem sie sich vielleicht sonst beim jetzt ausfallenden Treffen von kfd, KAB, Kolping o.a. oder beim Sport, beim Seniorenkaffee oder sonstwo unterhalten hätten. Melden Sie sich doch einfach mal bei der alleinerziehenden Mutter, mit der sie sonst oft beim Abholen der Kinder vor der Kindergarten-Tür unterhalten haben und fragen sie, wie es ihr mit den Kindern zu Hause geht. Bei einem Anruf hören wir auch Zwischentöne und beim Skypen können wir sogar den Gesichts-Ausdruck sehen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass nie so wenig telefoniert wurde, wie in diesen Zeiten, wo jede/r ein Handy bei sich hat. Pflegen sie gerade jetzt soziale Kontakte, die so vielfältiger sind als Händeschütteln, Umarmungen, Cliquen-Treffen, Kaffeekränzchen oder Partys, worauf wir in diesen Tagen wirklich verzichten sollten.
Und vielleicht achten sie auch beim Reden darauf, nicht einfach nachzusprechen, was Andere sagen, sondern zu differenzieren: Ich pflege soziale Kontakte auch wenn körperliche Kontakte und physische Nähe in diesen Tagen eingeschränkt werden müssen. Menschliche Nähe und Zuneigung erfahre ich auch, wenn der oder die andere an mich denkt und mir wirkliches Interesse daran zeigt, wie es mir geht.
Gott selber gibt uns dazu in der Bibel ein für mich in diesen Tagen so sprechendes Beispiel. Als Mose den brennenden Dornbusch sieht, sagt Gott ihm: „Komm nicht näher heran!“, aber dann schenkt er ihm eine einzigartige Nähe, redet mit ihm, sagt ihm, dass er da ist und für ihn da ist (Ich bin Jahwe, das heißt: Ich bin der „Ich bin da“) macht ihm deutlich, dass er die Not und das Elend seines Volkes sieht und dass er ihn, Mose, braucht, um den Menschen in Not zu helfen. (vgl. Exodus, Kapitel 3) Solche Erfahrungen wünsche ich uns in diesen Tagen der Corona-Krise!
Ihr Pastor Thomas Schulz