Zum Palmsonntag
Liebe Glaubensgeschwister,
unsere Kirche gibt zur Zeit in der Öffentlichkeit nicht gerade das beste Bild ab, so dass ich inzwischen Respekt habe vor allen, die trotzdem in der Kirche bleiben, weil ihnen die Grund-Botschaft und auch die kirchliche Gemeinschaft vor Ort so sehr am Herzen liegt, dass sie dafür die Schwächen der Institution in Kauf nehmen. In der lokalen Presse finden wir täglich Leserbriefe von Menschen, die enttäuscht sind, wie in Münster mit einem versetzten Priester und seiner Gemeinde umgegangen wurde, in Köln brachte das Gutachten über sexuellen Missbrauch ans Licht, wie viele kirchliche Würdenträger vollkommen unangemessen auf solche Fälle reagiert haben und die Glaubens-Kongregation in Rom will uns Seelsorgern und Seelsorgerinnen verbieten, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen.
Ich feiere seit Jahren mit der Queer-Gemeinde Münster Gottesdienste und habe schon etliche gleichgeschlechtliche Paare gesegnet, denen es als gläubige Christen und kirchlich engagierte Menschen ein Anliegen war, dass ihre Liebe und Partnerschaft auch unter Gottes Segen steht. Wer persönlich mit Betroffenen zu tun hat, der spürt, wie ich, vielleicht Enttäuschung und Wut angesichts der kirchenamtlichen Verlautbarungen zu diesem Thema. Ich lasse mir von Niemandem vorschreiben, ob ich Menschen, die darum bitten, segne oder nicht. Manchmal braucht es Ungehorsam, um seinem Gewissen und dem, was man von der Botschaft Jesu verstanden hat, treu zu bleiben. Und da ich, als die Botschaft aus Rom kam, gerade dabei war ein Bild zum Palmsonntag zu malen, bekam es die Regenbogen-Farben. Nicht nur, weil der Regenbogen das Symbol des ersten Bundes Gottes mit allen lebendigen Wesen auf der Erde war, den Gott mit ihnen schließt, nachdem er sie gesegnet hat (Buch Genesis Kap 9), sondern auch aus Solidarität mit allen homosexuellen Menschen, die die Vielfarbigkeit des Regenbogens für sich als kostbares Symbol entdeckt haben.
Ich weiß nicht, ob Jesus beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag die jubelnden Menschen gesegnet hat, aber wenn er es getan hat, bin ich mir sicher, dass er niemanden ausgeschlossen hat. Ich habe erlebt, welche Leidens-Geschichte für Mitchristen begann, nachdem ihnen klar wurde, dass Gott sie als schwuler oder lesbischer Mensch geschaffen hat und sie das leben wollten, was zentral im Christentum ist: die Liebe! So wünsche ich Ihnen für die Karwoche, in der wir uns an den Leidensweg Jesu erinnern, dass es für Sie eine gesegnete Woche wird!
Ihr /Euer Pastor Thomas Schulz
P.S. Das Regenbogen-Palmsonntags-Bild finden Sie übrigens als Postkarte zum Mitnehmen an diesem Sonntag in allen Kirchen unserer Gemeinde am Schriftenstand.
Zum fünften Fastensonntag
„Im Märzen der Bauer, die Rösslein einspannt…“ so heißt es in einem alten Lied, das mir seit Kindertagen vertraut ist. Jeder Hobbygärtner weiß, dass man jetzt im März die ersten Blumen und Gemüse im Garten säen kann.
Ob die Eltern Jesu auch einen Garten hatten? Ob Jesus öfter den vielen Bauern am See Gensesareth zugeschaut hat? Auf jeden Fall hat er immer wieder das Bild vom säenden Menschen aufgegriffen, auch im Evangelium dieses Sonntags. „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.
Ich finde es faszinierend wie er mit diesem Beispiel seinen Tod und seine Auferstehung deutet. Tatsächlich ist es ja so: In dem Moment, wo das Samenkorn aufbricht, zerbricht, ja stirbt, beginnt das Leben der neuen Pflanze, neues Leben. Das ist ein Geheimnis des Lebens und das Geheimnis des Glaubens, den wir an Ostern feiern. Glaube braucht dabei dasselbe Vertrauen, das der Gärtner hat, wenn er sein Saatgut loslässt und der Erde anvertraut in der Hoffnung, dass es aufgeht.
An diesem Sonntag sammeln wir gleichzeitig Spenden für das Hilfswerk Misereor. Für mich ist nach den Erfahrungen einiger Reisen nach Südamerika jeder Euro, der dafür gespendet wird, auch wie ein Samenkorn. In Bolivien unterstützt Misereor damit indigene Kleinbauern, damit sie nachhaltigen Anbau betreiben, von dem sie leben können und zugleich den Regenwald schützen können, statt ihn zu verbrennen. Das sind Hoffnungsprojekte. Gerade jetzt, wo viele Menschen Lateinamerikas unter der Corona-Pandemie heftig leiden, brauchen sie unsere Solidarität.
Eine Woche in der Sie Solidarität und Hoffnung aufgehen und wachsen sehen, wünscht Ihnen
Ihr Pastor Thomas Schulz
Zum vierten Fastensonntag
von Pfr. Thomas Schulz
Liebe Mitchrist innen,
wenn wir erleben, wie Politiker vor allem zu ihrem eigenen Vorteil handeln statt ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl gerecht zu werden, sind wir zu Recht entsetzt. Und wenn mächtige Männer der Kirche so handeln, verspielen sie jede Glaubwürdigkeit. Und doch erleben wir beides.
In der 1. Lesung des 4. Fasten-Sonntags (2. Chronik 36,14-23) hören wir, wie das Volk Israel im Nachhinein erkennt, dass gerade solches egoistische, rücksichtslose, ja gottlose Verhalten zur Zerstörung Israels und zu einer 70jährigen Exils-Zeit geführt hat. Die Menschen der Bibel werden wahrhaftig nicht als perfekte oder vollkommene Helden dargestellt. Selbst die größten Gestalten wie Abraham oder David hatten ihre schwachen Momente und ihre Fehler und diese werden nicht verschwiegen. Auf diesem Hintergrund betont Paulus in der 2. Lesung des Sonntags (Epheserbrief 2,4-10), dass wir alle auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit angewiesen sind. Das macht uns aber nicht unfrei und soll auf kleinen Fall dazu verleiten, einfach so darauf los zu leben nach dem Motto: „Der Papa im Himmel wird´s schon richten. Jeder der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden“ so sagt Jesus zu Nikodemus, der ihn bei Nacht aufsucht (Joh. 3,14-21). Das sagt der, der sich als Licht der Welt bezeichnet und uns einlädt, als Kinder des Lichtes zu leben. Wir gehen auf Ostern zu, dem Fest des Lichtes und wir sollten vielleicht nicht nur auf Andere schauen in dieser Zeit, sondern auch unsere Licht- und Schattenseiten wahrnehmen, dazu stehen und sie ins Licht der Barmherzigkeit Gottes halten, dann können wir versöhnt zum Licht für andere werden.
Gute und erhellende Tage wünscht beim Zugehen auf Ostern Ihr /Euer Pastor Thomas Schulz
Zum dritten Fastensonntag
Wann waren sie das letzte Mal, richtig wütend?
von Pastor Thomas Schulz
Wut ist ein Gefühl, dass wir wohl alle kennen und das auftritt, wenn uns etwas maßlos ärgert. Aber Wut ist bei uns oft sofort negativ besetzt.
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass das Evangelium dieses Sonntags (Joh. 2,13-25) bei uns unter der Überschrift „Die Tempelreinigung Jesu“ bekannt ist. Ein nicht bibelkundiger Mensch dürfte dabei die Assoziation haben, dass Jesus mit einem Besen durch den Tempel geht. Doch etwas ganz Anderes wird uns da berichtet. Jesus wird wütend, stößt Tische um, schüttet die Kasse der Geldwechsler aus, jagt die Händler von Opfertieren aus dem Tempel und ruft ihnen noch hinterher: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“ Wenn das keine Wut ist… Aber ein wütender Jesus passt eigentlich nicht in unser Bild vom lieben Jesus und so wird das Ganze als Tempel-Reinigung verharmlost. Dabei ist es keine blinde Wut, die Jesus erfüllt, sondern eine sehende. Die Jünger Jesu erinnern sich in dieser Szene an das Schriftwort „Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren.“ Es ist also eine Leidenschaft für die Sache Gottes, für das Heilige, die Jesus wütend macht. Ist es eine heilige Wut?
Ich finde es auf jeden Fall wertvoll, dass diese Szene uns deutlich macht, dass wir manchmal zu Recht wütend sind und die Wut sein darf, wo das Göttliche, das Menschliche (beides gehört im Christentum zusammen) oder die Schöpfung mit Füßen getreten wird. Ist es nicht auch Wut, die die Menschen bei „Fridays for Future“ oder in Miamar auf die Straße bringt. Da geht es um Demokratie, um Gerechtigkeit und Menschenwürde, weiß Gott mehr als bei manchem Wutbürger hierzulande. Vielleicht hat der Schöpfer uns auch das Gefühl von Wut gegeben, die als Leidenschaftlicher Eifer auch zu mehr Gerechtigkeit und Menschlichkeit führen kann. Frage ich mich doch mal, was mich auf diesem Hintergrund wütend macht?
Gottes Schöpfung entdecken
von Birgit Gerhards und Bernhard Stappel
Zum zweiten Fastensonntag
Lieben Sie auch das Bergsteigen? Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn ich auf dem Gipfel eines Berges stehe und dann in die Weite schaue. Ob das auch ein Grund ist, warum in der Bibel die Berge besondere Orte der Gotteserfahrung sind?
Auch im Evangelium dieses Sonntags ( Mk 9,2-10) wird uns ein einmaliges Gipfel-Erlebnis von 3 Jüngern geschildert. Sie erleben, dass Jesus auf dem Gipfel eines hohen Berges auf einmal hell leuchtet und mit Mose und Elija spricht, zwei Schlüsselgestalten, die beide auf einem Berg die Nähe Gottes erfahren haben, aber auch lange und steinige Wege in den Niederungen des Alltags kannten. Doch erst als eine Wolke alles überschattet, bekommen die drei Jünger die Deutung des lichtvollen Erlebnisses. Zusammen mit der Aussage Jesu beim Abschied vom Gipfel heißt das: Der Weg zum ewigen Licht von Ostern führt durch manche dunkle Stunde von Leiden und Sterben, aber am Ende steht das Licht!
Und ich frage mich, was mir das in dieser Zeit sagen will, in Zeiten der Krise, wo es hier und da mal Lichtblicke gibt, aber auch so manche Schattenseite auszuhalten ist, wo es so viele Leidens-Erfahrungen von Menschen gibt? Ob es Zufall ist, dass die Kirche an diesem Sonntag der Opfer der Corona-Krise gedenkt?
Eine gesegnete 3. Fastenwoche, in der Gott in Licht und Schatten bei Ihnen ist wünscht Ihnen Ihr Pastor Thomas Schulz
Zum ersten Fastensonntag
Liebe Mitchristen,
wie schnell sich eine Situation verändern kann, haben wir in den letzten Tagen gesehen. Ein Wochenende lang hat es geschneit und die Landschaft ist nicht wiederzuerkennen. Und weil der Verkehr nicht rollt, müssen viele Pläne verändert werden. Ich dachte am Ziegenbock-Montag: „Gut, dass die Karnevalisten schon seit langem wissen, dass der Zug wegen Corona ausfällt, sonst hätten sie jetzt von einem Tag auf den anderen die Veranstaltung wegen des Wetters absagen müssen und all die viele Vorbereitung wäre umsonst gewesen.“ Karneval fällt dieses Jahr weitgehend aus und so ist die Veränderung von den Karnevalstagen zur Fastenzeit diesmal nicht so heftig.
Auch die Fastenzeit will Veränderung: Wir sollen umkehren, also Wege verlassen, die vielleicht bequem, aber nicht zielführend sind und uns auf Wege zum Leben, auf Wege zum Nächsten, auf Wege zu Gott begeben. Man kann dazu Verzicht üben, man kann aber auch auf andere Weise sein Verhalten etwas verändern, z. B. umweltgerechter und nachhaltiger einkaufen und leben oder sich bewusst mehr Zeit nehmen für andere Menschen oder für Meditation und Gebet. Mit zahlreichen auch neuen Formen von Gottesdiensten laden wir sie dazu ein in dieser Fastenzeit. Den Höhepunkt- oder Ziel-Punkt aller Veränderung bilden die Kar- und Ostertage, wo wir feiern, dass Gott verwandelnd verändert, sogar im Tod neues Leben entstehen lässt. Um zu begreifen, was das bedeutet, machen wir uns am Aschermittwoch bewusst, dass wir vergänglich sind, vergänglich wie das Holz des Baumes, das im Feuer zur Asche wird. Ich wünsche Ihnen, dass wir in der Fastenzeit heilsame Veränderung zum Guten erfahren, nicht nur was die Corona-Situation angeht, aber da auch. In diesem Sinnen wünsche ich Ihnen im Namen des gesamten Seelsorge-Teams eine gesegnete Fastenzeit.
Ihr Pastor Thomas Schulz